Drittmittelprojekt: Berufs- und Studiengangmarketing für das Berufsschullehramt

 

PROJEKTLEITUNG

Prof. Dr. Tobias Langner (Lehrstuhlinhaber)

Bastian Blomberg, M.Sc. (Wissenschaftlicher Mitarbeiter)

 

PROJEKT-ÜBERBLICK

Hintergrund: Für die kommenden Jahre wird eine Zuspitzung des Lehrkräftemangels an berufsbildenden Schulen erwartet, vor allem in den gewerblich-technischen Fachrichtungen (vgl. Klemm 2018; Monitor Lehrerbildung 2017).

Ziel: Das Projekt hat den Ausbau der Studierendenzahlen in den Masterstudiengängen für das Lehramt an Berufskollegs in den gewerblich-technischen Fachrichtungen zum Ziel. Die Zielgruppen sollen dabei möglichst geeignete Interessensstrukturen für das Studium und den Beruf der Lehrkraft an Berufskollegs aufweisen (vgl. Leon, Behrendt, Nickolaus 2018). Damit soll das Projekt einen Beitrag zur Bewältigung des Lehrkräftemangels leisten.

Ergebnis: Das Projekt liefert im Endergebnis eine Toolbox mit effektiven Kommunikationsmitteln, die sich offline wie auch online erfolgreich zur Anwerbung unterschiedlicher Zielgruppen für das Studium zur Lehrkraft an Berufskollegs auch bundesweit an anderen Hochschulen nutzen lassen.

 

PROJEKTSTRUKTUR UND ARBEITSSCHWERPUNKTE

Ausgangssituation:

Die Wahl eines Berufs gehört zu den bedeutendsten Entscheidungen im Leben eines Menschen und wird häufig unter dem Gefühl erheblicher Unsicherheit getroffen (vgl. Altepost 2017). Die Berufs- und Ausbildungswahl stellen deshalb meist das Ergebnis eines extensiven Entscheidungsprozesses dar, in dessen Verlauf umfassende kognitive und emotionale Teilprozesse miteinander interagieren (vgl. zu Auswahlentscheidungen: Kroeber-Riel & Gröppel-Klein 2013). Es findet ein intensives, nutzenbezogenes Abwägen zwischen rational geprägten Informationen und erlebnisbezogenen Gefühlen statt. Dabei spielen subjektive, emotionale Eindrücke (z. B.: Wird mir der Beruf Spaß machen?) eine ebenso bedeutende Rolle wie verlässliche, nachprüfbare Informationen (z. B.: Mit welchem Gehalt kann ich rechnen?).

Notwendige Voraussetzung, damit ein Beruf überhaupt in der Entscheidungsfindung berücksichtigt wird, ist eine hinreichende Bekanntheit des Berufs in der Zielgruppe. Hier ist es wichtig, dass eine aktive Bekanntheit etabliert wird, d. h. dass der Zielgruppe, wenn sie an Berufsalternativen denkt, der Beruf des Berufschullehrers spontan in den Sinn kommt. Aus der Konsumforschung ist bekannt, dass Marken und Produkte, die über eine aktive Bekanntheit verfügen, in Kaufentscheidungen auch stärker berücksichtigt werden.

 

Modul 1 – Konzeption der Kommunikationsmittel (Welche Botschaften sollen vermittelt werden? Wo und wie sollen die Botschaften vermittelt werden?):

Bekanntheit alleine reicht allerdings nicht aus, vielmehr muss der Beruf der Lehrkraft an Berufskollegs mit einem positiven Image belegt sein (vgl. Keller 2012). Nur so besteht die Chance, sich gegen andere Berufsalternativen im Auswahlprozess durchzusetzen (vgl. z. B. Watt & Richardson 2012; Neugebauer 2013). Damit ein solches positives Image vor, aber auch während des Entscheidungsprozess aufgebaut wird, bedarf es Kommunikationsmaßnahmen, die speziell auf die jeweiligen Zielgruppenbedürfnisse zugeschnitten sind. Dazu müssen im Rahmen wissenschaftlicher Studien zuerst die relevanten Zielgruppen identifiziert werden. Es gilt dann die Frage zu beantworten, welche Botschaften zum Beruf der Lehrkraft an Berufskollegs an welche Zielgruppe vermittelt werden sollen. Die in den Botschaften vermittelten Emotionen und Informationen sollten so gestaltet sein, dass sie relevante Motivationen in der jeweiligen Zielgruppe ansprechen und potenzielle Ressentiments adressieren.

Neben der Konzeption der Botschaften, werden die Kanäle identifiziert, die besonders effektiv zur Überzeugung der Zielgruppe genutzt werden können. Hierzu erfolgt zunächst eine Analyse der Kommunikationsmaßnahmen und -kanäle, die bereits erfolgreich an der Bergischen Universität Wuppertal zur Werbung von Studierenden für das Lehramt an Berufskollegs entwickelt und eingesetzt wurden. Zusätzlich sollen diese Erkenntnisse mit einer Analyse des Mediennutzungsverhaltens der Zielgruppen im Zuge der Berufswahl gespiegelt werden. Es soll analysiert werden, welche Informationsquellen durch die Entscheider*innen wie im Zeitablauf genutzt werden. Eine solche Analyse der „Kundenreise“ (Customer Journey) stellt sicher, dass alle relevanten Offline-Kanäle (z. B. persönliche Kommunikation, Plakatwerbung) und Online-Kanäle (z. B. Social Media Kanäle der Ausbildungsstätten) in der späteren Kommunikationsumsetzung berücksichtigt werden (vgl. Langner et al. 2018).

Im Anschluss an die Auswahl der Kommunikationskanäle erfolgt die Entwicklung der Art und Weise, wie die Kommunikation gestaltet werden soll. Ziel ist es, die zuvor abgeleiteten Kommunikationsbotschaften effektiv in Texten und Bildern umzusetzen, sodass von ihnen eine größtmögliche Beeinflussungswirkung ausgeht (vgl. hierzu umfassend: Langner, Esch & Bruhn 2018). Dazu wird über die Analyse der bestehenden Kommunikationsmaßnahmen seitens der Bergischen Universität hinaus eine Benchmarking-Analyse durchgeführt. Hierbei werden Kommunikationsmaßnahmen von Unternehmen (z. B. Deutsche Bahn) und Organisationen (z. B. Zentralverband des deutschen Handwerks) durchleuchtet, die in der Anwerbung junger Arbeitskräfte besonders erfolgreich sind, um von ihnen für die eigene Kommunikationsentwicklung zu lernen.

Ziel von Modul 1: Auf Basis der zielgruppenspezifischen Ableitung effektiver emotionaler und informativer Botschaften sowie der Identifikation der relevanten Kanäle für die werbliche Kommunikation des Berufs der Lehrkraft an Berufskollegs werden die eigenen Kommunikationsmittel konzipiert.

 

Modul 2 – Umsetzung und empirische Evaluation der Kommunikationsmittel im Kommunikationslabor (Wie sollen die Botschaften vermittelt werden? Sind die Kommunikationsmittel wirksam?):

Abgeleitet aus den Erkenntnissen des vorherigen Moduls werden die eigenen Kommunikationsmaßnahmen zur Werbung für ein Masterstudium im Bereich gewerblich-technisches Lehramt an Berufskollegs umgesetzt und ihre Effektivität und Effizienz untersucht (vgl. hierzu Esch & Langner 2017). Wie eingangs dargelegt, müssen die Kommunikationsmittel Bekanntheit für den Beruf der Lehrkraft an Berufskollegs aufbauen sowie die passenden Emotionen und relevante Informationen vermitteln. Die zuvor entwickelten Kommunikationsmittel werden deshalb im verhaltenswissenschaftlichen Kommunikationslabor der Schumpeter School of Business and Economics der Bergischen Universität umfassend hinsichtlich ihrer Wirksamkeit getestet. Es wird mittels kontaktloser Blickaufzeichnung ermittelt, ob die bekanntheitssteigernden Werbeelemente tatsächlich in allen Kommunikationsmitteln auch unter den erschwerten Bedingungen von beiläufigen Kurzzeitbetrachtungen wahrgenommen werden. Zudem können Emotionsqualitäten und -intensitäten der Werbebotschaften durch eine Analyse des mimischen Ausdrucksverhaltens sowie durch Hautwiderstandsmessung erfasst werden. Die Informationsaufnahme wird schließlich durch Protokolle lauten Denkens und Befragungen im Nachgang der Werbemittelexposition analysiert.

Ziel von Modul 2: Aufbauend auf den Analysen und Erkenntnissen des ersten Moduls sollen in Modul 2 Kommunikationsmittel für die unterschiedlichen Zielgruppen für alle relevanten Kommunikationskanäle umgesetzt, hinsichtlich ihrer Wirksamkeit getestet und Umsetzungsschwächen behoben werden. Ergebnis sind optimierte Werbemittel, die ihre Wirksamkeit empirisch bewiesen haben.

 

LITERATUR

Altepost, A. (2017). Risiken der Berufswahl: Wahrnehmungen und Handlungsorientierungen bei der Wahl einer Erstausbildung. Springer Gabler. Wiesbaden.

Esch, F.-R., & Langner T. (2017). Ansätze zum Markencontrolling. In: Esch, F.-R. (Hg.) Handbuch Markenführung. Springer Reference Wirtschaft. Springer Gabler. Wiesbaden.

Keller, K. L. (2012). Strategic Brand Management. 4. Auflage. Upper Saddle River. NJ: Prentice Hall.

Kroeber-Riel, W., & Gröppel-Klein, A. (2013). Konsumentenverhalten. Vahlen.

Klemm, K. (2018). Dringend gesucht: Berufsschullehrer. Die Entwicklung des Einstellungsbedarfs in den beruflichen Schulen in Deutschland zwischen 2016 und 2035. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.

Langner, T., Brune, P., Fischer, A., & Klinke, T. (2018). Medienkonvergenz managen: Wahrnehmungs- und Wirkungspfade der Kommunikation antizipieren, S. 21-51, in: Langner, T., Esch, F.-R., & Bruhn, M. (Hg.) (2018). Techniken der Kommunikation. Wiesbaden. Springer Gabler.

Langner, T., Esch, F.-R., & Bruhn, M. (2018). Handbuch Techniken der Kommunikation: Grundlagen – Innovative Ansätze – Praktische Umsetzungen. 2. Auflage. Wiesbaden. Springer Gabler.

Leon, A., Behrendt, S., Nickolaus, R. (2018). Interessenstrukturen von Studierenden und damit verbundene Potentiale für die Gewinnung von Lehramtsstudierenden. Journal of Technical Education (JOTED), 6 (2), 40-54.

Monitor Lehrerbildung (2017): Attraktiv und zukunftsorientiert?! Lehrerbildung in den gewerblich-technischen Fächern für die beruflichen Schulen. Sonderpublikation aus dem Projekt „Monitor Lehrerbildung“. Gütersloh.

Neugebauer, M. (2013). Wer entscheidet sich für ein Lehramtsstudium –und warum? Eine empirische Überprüfung der These von der Negativselektion in den Lehrerberuf. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 16 (1), 157-184.

Watt, H. M. G., Richardson, P. W., Klusmann, U., Kunter, M., Beyer, B., Trautwein, U., Baumerte, J. (2012). Motivations for choosing teaching as a career: An international comparison using the FIT-Choice scale. Teaching and Teacher Education, 28 (6), 791-805.

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